Louis Vandenabeele
Die Basilika des Hl. Antonius in Padua: Entschlüsselung der Baugeschichte einer denkmalgeschützten Wallfahrtskirche
Die Basilika des Heiligen Antonius in Padua (Venetien) ist einer der wichtigsten Wallfahrtsorte des 13. und 14. Jahrhunderts in Italien. Das älteste Dokument, das die Backsteinkirche erwähnt, bezeugt eine Baustelle am Stadtrand von Padua im Jahr 1238, sieben Jahre nach dem Tod des portugiesischstämmigen Franziskanermönchs (1195-1231). Nach einer ersten Bauphase in den 1230er- bis 1260er-Jahren wurde die Basilika bis ins frühe 14. Jahrhundert rasch erweitert und erhielt ihre imposante Silhouette, die von Kuppeln im orientalischen Stil dominiert wird, die wahrscheinlich von der Markusbasilika in Venedig inspiriert wurden.
Trotz umfangreicher kunsthistorischer Forschungen ist die frühe Geschichte der Basilika St. Antonius aufgrund des Verlustes mittelalterlicher Archive mit direktem Bezug zur Baustelle weitgehend unbekannt. Die Datierung der einzelnen Teile der heutigen Bausubstanz wird zusätzlich erschwert durch eine verworrene Abfolge von Einstürzen, Bränden, Umbauten und Ergänzungen, die teilweise in Archiven ab dem 15. Jahrhundert dokumentiert wurden.
Das vorliegende, im April 2019 gestartete SNF-Projekt zielt darauf ab, mit modernsten Methoden der Bauforschung und absoluten Datierungstechniken eine kohärente Zeitlinie für den Bau der Basilika zu erstellen. Die gesamte Kirche wird mit Laserscanning, Photogrammetrie und Wärmebildaufnahmen vermessen. Diese Techniken ermöglichen eine präzise Dokumentation des komplexen Mauerwerks sowie der Holzkonstruktionen und unterstützen die Analyse verschiedenster Bautechniken sowie die Zuordnung zu unterschiedlichen Bauphasen. Darüber hinaus werden die Holzkuppeln mittels Dendrochronologie (in Zusammenarbeit mit dem Labor Dendrodata, Verona) untersucht, während die Mauerwerke mittels Radiokarbonanalysen von Mörtelproben und organischem Material (in Zusammenarbeit mit dem Labor für Ionenstrahlphysik, ETH Zürich) datiert werden. Diese Befunde werden systematisch mit dem bestehenden Forschungsstand zur Basilika verglichen, durch Archivuntersuchungen weiter kontextualisiert und mit anderen Bauwerken in Relation gesetzt. Nach und nach ebnet diese facettenreiche Studie den Weg für eine eindeutige Datierung des Wallfahrtsdenkmals, zusammen mit einem präziseren Verständnis der mittelalterlichen Bautechniken in Norditalien.
Die Ergebnisse dieses vierjährigen Projekts werden in einer neuen Monographie, die die aussergewöhnliche Baugeschichte der Basilika St. Antonius aufarbeitet, sowie in einer Dissertation, die sich mit den acht Holzkuppeln beschäftigt, präsentiert.
Das Projekt wird vom externe Seite Schweizerischen Nationalfonds finanziert und in Zusammenarbeit mit der externe Seite Venerenda Arca di Sant'Antonio durchgeführt.
Louis ist als Gutachter für das Kompetenzzentrum Baudenkmal tätig.
Roofs with Roots. Die historische Entwicklung der Holzdachkonstruktionen im Belgien des 19. und frühen 20. Jh.
Vrije Universiteit Brussel, 2018
Während des 19. und frühen 20. Jahrhunderts konnte der Aufstieg von Eisen und Beton in der eintönigen Skyline Belgiens nicht verhindern, dass Holz, einer der ältesten Werkstoffe der Menschheit, die steigende Nachfrage nach Dachkonstruktionen in Rathäusern, Kirchen, Bahnhöfen, Schulen, Theatern oder Fabriken speiste. Doch die Fachwerkgipfel der belgischen Baulandschaft werden nicht nur übersehen, sondern sind aufgrund des mangelnden Wissens über Holzdachkonstruktionen und ihrer Abwesenheit im gegenwärtigen Wertschätzungsprozess des Erbes auch gefährdet.
Diese facettenreiche Studie untersucht den gewundenen Weg vom Handwerk zum Ingenieurwesen gefolgt von Holzdächern im Belgien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und wirft ein neues Licht auf den Zusammenstoss zwischen der alten traditionellen Welt und dem modernen Industriezeitalter. Ausgehend von detaillierten Untersuchungen vor Ort, Recherchen in Bauarchiven und eingehenden Analysen historischer Zimmererhandbücher deckt diese Arbeit fünf miteinander verflochtene Themen ab, die von abgelegenen Wäldern bis hin zu Montagedetails reichen: Material, Theorie, Konstruktion, Form und Verbindungen.
Aus historischer Perspektive holt diese Studie die unerwarteten Geschichten aus dem Staub und der Dunkelheit hervor, die von diesen Strukturen vermittelt werden, welche die Spuren vergangener Praktiken, Theorien und Netzwerke tragen. Über ihre entscheidende strukturelle Rolle hinaus erweisen sich Holzdächer als ein reicher und privilegierter Zugang zur Geschichte und damit als ein wesentlicher Bestandteil des gebauten Erbes. Unter dem Gesichtspunkt der Konservierung bietet diese Arbeit die Wissensgrundlage, um die Eigenschaften historischer Materialien und Bautechniken zu entschlüsseln, eine grundlegende Voraussetzung für intelligente und wirksame Interventionen an belgischen Holzdachkonstruktionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.
Die Forschung wurde durch ein Doktorandenstipendium der Forschungsstiftung Flandern (FWO) und durch ein strategisches Forschungsprogramm der Vrije Universiteit Brussel (VUB) finanziert.
Preise
- 2021 externe Seite First price, SNSF Scientific Image Competition
- 2021 Best Paper Award (2nd author), Seventh Int. Congress on Construction History
- 2018 Best Paper Award, Sixth International Congress on Construction History
- 2014 Victor Horta Award, Université Libre de Bruxelles (ULB)
- Vandenabeele, L.; Bertels, I.; Wouters, I.: Le savoir-faire des constructeurs de charpentes en bois en Belgique au XIXe siècle. In : Construire ! Entre antiquité et époque contemporaine. Actes du 3e congrès francophone d'histoire de la construction, Nantes, 2017. Paris: Picard, 2019, 819–830.
- Vandenabeele, L.; Bertels, I.; Wouters, I.: Joining techniques in nineteenth- and early twentieth-century Belgian timber roofs. In: Building Knowledge, Constructing Histories. Proceedings of the Sixth International Congress on Construction History, Brussels, 2018. Leiden: CRC Press, 2018, 1321–1328.
- Vandenabeele, L.: Les charpentes en fer et bois au XIXe siècle et au début du XXe siècle en Belgique. In: Patrimoines de fonte, fer et acier, Brussels: FABI, 2018, 207–212.
- Vandenabeele, L.: La charpente de la Maison du Roi: Essai de reconstruction d'un chantier anachronique. In: Bruxelles Patrimoines, 25, 2017, 16–21.
- Vandenabeele, L.; Bertels, I.; Wouters, I.: The timber roof of the gothic revival Broodhuis (Brussels, 1873-1895): design, construction and collaboration. In: Building Histories. The Proceedings of the Fourth Conference of the Construction History Society, Cambridge, 2017. Cambridge: Construction History Society, 2017, 213–224.
- Vandenabeele, L.; Bertels, I.; Wouters, I.: From de l'Orme's to Hetzer's arch roofs: engineering the elegance. In: Further Studies in the History of Construction. The Proceedings of the Third Annual Conference of the Construction History Society, Cambridge, 2017. Cambridge: Construction History Society, 2017, 345–354.
- Vandenabeele, L.; Bertels, I.; Wouters, I.: Baltic shipping marks on nineteenth-century timber: their deciphering and a proposal for an innovative characterization of old timber. In: Construction History, 3, 2016, 157–175.
- Vandenabeele, L.; Bertels, I.; Wouters, I.: Designing timber trusses in Belgium during the age of iron engineering. In: Proceedings of the 10th International Conference on Structural Analysis of Historical Constructions, Leuven, 2016. Leiden: CRC Press, 2016, 612–619.
- De Fossé, M.; Vandenabeele, L.: Historische pakhuizen in Brussel. In: Agora, 2, 2015, 12–15.
- De Fossé, M.; Vandenabeele, L.: Brusselse pakhuizen in de negentiende en de twintigste eeuw. In: Erfgoed van Industrie en Techniek, 4, 2014, 20–29.
Rezension
- Vandenabeele, L.: Hélène Vacher, André Guillerme: L'essor de l'Ecole Eyrolles au XXe siècle. In: Construction History 1/2019, 131–132.
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Bauforschung u.Konstruktionsgesch.
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