Sichtbackstein in Zürich (1883–1914)

Vergrösserte Ansicht: Bolleystrasse
Typische Backsteinfassade des 19. Jahrhunderts in Zürich (Foto: Stefan M. Holzer, 2017)

Thema

Das 19. Jahrhunderts spielte in der Geschichte des Sichtbacksteins eine entscheidende Rolle. Ästhetische und konstruktive Entwicklungen gingen Hand in Hand mit dem Wandel vom manuellen Ziegelstreichen zur industriellen Produktion. Die Wiederbelebung des Sichtbacksteins, der in den vorherigen Jahrhunderten nur von untergeordneter Bedeutung war, setzte im deutschsprachigen Raum um 1830 mit Schinkels Berliner Initialbauten ein, deren Streben nach möglichst glatten und scharkantigen Steinen für den Rest des 19. Jahrhunderts prägend blieb. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts hielten sich noch modifizierte, jedoch weitgehend traditionelle Varianten des Handstrichverfahrens. Der eigentliche Boom des Ziegelrohbaues, also der backsteinsichtigen Fassaden, fiel in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts, als die vollmaschinelle Formgebung durch das Strangpressverfahren auf den Bauboom der Gründerzeit traf. Sosehr unser subjektives Bewusstsein von den Backsteininkunabeln Karl Friedrich Schinkels oder Leo von Klenzes beeinflusst sein mag, die quantitativ grösste Menge der Sichtbacksteinbauten entstammt den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende. Diese Verblendbauten haben sich in fast jeder grösseren Stadt im deutschsprachigen Raum erhalten und prägen unsere gebaute Umwelt bis heute.
Zürich stellt eine besonders eindrückliche Fallstudie einer Stadt mit einem reichen noch erhaltenen Bestand an backsteinsichtigen Gebäuden aus dieser Boomzeit dar. Die hier anzutreffenden Gebäude- und Konstruktionstypen stehen bis auf einige Details weitgehend exemplarisch für gestalterische und konstruktive Strömungen des fin de siècle, die zumindest im deutschsprachigen Raum wenig Platz für regionale Unterschiede liessen. Für eine Studie der Verblendtechnik des späten 19. Jahrhunderts stellt Zürich jedoch ein besonders gutes Beispiel dar. Im Gegensatz zu vielen deutschen Städten wurde die Stadt an der Limmat von den Zerstörungen der zwei Weltkriege verschont, sodass ganze Viertel aus der Bauphase des späten 19. Jahrhunderts mit einem hohen Anteil an Originalsubstanz erhalten sind. Der hohe Anteil backsteinsichtiger Fassaden innerhalb dieses Baubestandes prägt noch heute das Stadtbild. Zusätzlich kam Sichtbackstein in Zürich erst vergleichsweise spät auf und verschwand zu Beginn des 20. Jahrhunderts abrupt, sodass die erhaltenen Gebäude in aussergewöhnlich reiner Form die Strömungen dieser sehr kurzen Zeitspanne widerspiegeln.

Quellen und Methodik

Wichtigste Quelle des Projektes war der erhaltene Gebäudebestand. In Zürich existieren etwa eintausend backsteinsichtige Gebäude aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, von denen knapp drei Viertel besichtigt, einer qualitativen Spurensuche unterzogen und in einer Datenbank erfasst wurden. Von knapp 100 Gebäuden konnten Fassadenausschnitte photogrammetrisch aufgenommen werden. Mit einer speziell entwickelten Software wurden daraus von über 8000 Backsteinen quantitative Daten extrahiert, die Rückschlüsse auf Formate, Präzision und Achsmasse erlauben.
Ein vom Kanton Zürich gepflegter Datensatz enthält die Baujahre aller Gebäude im Kanton Zürich. Die Daten wurden im Rahmen des Projektes am IDB für den Bezirk Zürich um das Attribut der Backsteinsichtigkeit ergänzt und mit den Einträgen der Datenbank verknüpft. Unterstützt durch Archivrecherchen und die Auswertung der zeitgenössischen Literatur wurde so die Grundlage geschaffen, um die Entwicklungsgeschichte des Sichtbacksteins in Zürich in ihrer zeitlichen und räumlichen Dimension detailliert nachzeichnen zu können

Ergebnisse

Die Ergebnisse des Projektes wurden in einem Abschlussbericht zusammengefasst, der am Ende dieser Seite frei heruntergeladen werden kann. Der Abschlussbericht besteht aus einem ersten Teil, der die Entwicklung der Zürcher Verblendbauten zusammenfasst, sowie aus einem zweiten Teil, der einen Katalog der aufgenommenen Bauten darstellt.

Förderung

Das Projekt "Sichtbackstein in Zürich (1883–1914)" wurde gefördert durch die externe Seite Stiftung zur Förderung der Denkmalpflege.

Beteiligte

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert