Schweizer Holzbogenbrücken

Vergrösserte Ansicht: Eggiwil
Punktwolke der Horbenbrücke, Eggiwil (Untersuchung: L. Vandenabeele and C. Knobling, 2020).

Seit jeher ein Transitland, war die Schweiz stets auf leistungsfähige Verkehrswege angewiesen. Aufgrund der topographischen Gegebenheiten bedingte dies auch den Bau zahlreicher Brücken. Viele davon entstanden aus Holz, sicher begünstigt durch die allgegenwärtige Verfügbarkeit des Baustoffes und das hierzulande hochstehende Zimmerhandwerk. Das konstruktionsgeschichtliche Erbe der Holzbrücken, deren älteste erhaltene Exemplare noch aus dem 16. Jahrhundert stammen, ist in dieser Anzahl und diesem Erhaltungszustand in Europa einmalig.

Die besonders in den frühen Monaten stark hochwassergefährdeten Flussläufe oder auch die Tiefe mancher Schlucht erforderten einen möglichst stützenfreien Übergang. Leidvolle Erfahrungen mit Fluten, die zahlreiches Schwemmgut mitführten und die Jochbrücken zum Einsturz brachten, spornten den Erfindungsgeist der Zimmerleute an, um die freien Spannweiten der Holzkonstruktionen entsprechend zu steigern. In diesem Zusammenhang erlangten besonders die frühen Brücken und Brückenentwürfe der Baumeisterfamilie Grubenmann aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts besondere Bekanntheit.

Bereits früh, mit dem Bau der Limmatbrücke 1766 in Wettingen durch die Gebrüder Johann und Hans Ulrich Grubenmann, wurden auch hölzerne Bögen als Tragkonstruktion eingeführt. Holzbögen sollten zwar keine so weite Verbreitung finden wie andere Tragkonstruktionen, etwa Stabpolygone. Allerdings lassen sich immerhin 16 Exemplare dieser durchaus aufwendigen Konstruktionen in der Schweiz nachweisen, davon haben sich sieben bis heute (teilweise transloziert) erhalten. Diese zwischen 1803 und 1839 errichteten Brücken mit Spannweiten von 20 bis 60 Metern bieten einen aussergewöhnlichen Einblick in die Leistungsfähigkeit historischer Zimmerkunst.

Die Herstellung der Bögen war besonders aufwendig, da die einzelnen Elemente der mehrschichtigen Konstruktion mechanisch gebogen werden mussten. Zudem weist die Mehrzahl der Brücken eine aufwendige Verzahnung der einzelnen Bogenlamellen auf. Die Konstruktionen erlangten daher auch schnell internationale Aufmerksamkeit, wie deren Behandlung in den Traktaten von Mechel (1803), Krafft (1805), Gauthey (1813), Rondelet (1830) und Emy (1841) beweist. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass die Konstruktionen infolge ihrer medialen Verbreitung einen Einfluss auf die spätere Entwicklung von Brettschichtkonstruktionen ausübten.

Das 2020 gestartete Projekt zielt darauf ab, die erhaltenen Schweizer Holzbogenbrücken zu erforschen, mit besonderem Fokus auf die Konstruktionstechniken und das Tragverhalten. Durch die Kombination von Handmessungen, Laserscanning und Drohnenaufnahmen liefert die vorliegende Forschung die Schlüssel zum Verständnis dieser hochspezialisierten Handwerkstechnik. Basierend auf detaillierten Zeichnungen, HBIM-Modellen und FE-Analysen werden die verschiedenen Systeme in Bezug auf Materialeinsatz, Arbeitseffizienz, Konstruktionsprinzip und strukturelle Leistung verglichen. Archiv- und Literaturrecherchen ergänzen diese Erkenntnisse um die Gegebenheiten, die zur Entstehung dieser Konstruktionen führten.

Projektbearbeitung


Kontakt

Dr. Clemens Maximilian Knobling
Dozent am Departement Architektur
  • HIT H 31.3
  • +41 44 633 70 47

Bauforschung u.Konstruktionsgesch.
Wolfgang-Pauli-Str. 27
8093 Zürich
Schweiz

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