Entwicklung des weitgespannten Holzdaches in der Nord- und Zentralschweiz 1600–1850
Thema
Die Zeit zwischen 1600 und 1850 ist in der Schweiz die Zeit des Barock und des frühen Klassizismus. Die barocke Kirchenarchitektur des 18. Jahrhunderts wird in erster Linie mit prachtvoller Innenausstattung in Form von Stuckaturen und Deckengemälden in Verbindung gebracht, der klassizistische Kirchenbau ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist von klar strukturierten, zurückhaltenden und von der Antike inspirierten Formen geprägt. Was dem Besucher dieser Kirchen im wahrsten Sinne des Wortes verborgen bleibt, sind die ausgeklügelten und bisweilen kühnen Dachkonstruktionen, ohne welche die eindrucksvollen Bauten gar nicht gedeckt hätten werden könnten. Zudem sind die mitunter reich verzierten Decken nicht selten unmittelbar an der Dachkonstruktion aufgehängt.
Die ab dem 17. Jahrhundert am weitesten verbreiteten Kirchentypen (Saalkirche, Wandpfeilerkirche, Basilika) stellen jeweils unterschiedliche Anforderungen an die Konstruktion und die statischen Eigenschaften ihres Dachwerks. Bezüglich der zu überspannenden Weiten von teilweise weit über zehn Metern und der verschiedenartigen Deckenkonstruktionen, die bisweilen in den Bereich des Dachwerks hineinreichen, stellten sich die zeitgenössischen Zimmerer komplexen konstruktiven und handwerkstechnischen Herausforderungen.
Ziele
Das Forschungsprojekt widmet sich den weitgespannten Kirchendachwerken der Nord- und Zentralschweiz zwischen 1600 und 1850 und soll zum besseren Verständnis ihrer konstruktiven Entwicklung beitragen. Auf Basis der bereits in Süddeutschland gemachten Forschungen, werden Schweizer Beispiele begangen und dokumentiert, um einerseits Fragen nach dem erhaltenen Bestand, dem allgemeinen Zustand und der jeweiligen Konstruktionsart der Dachwerke zu beantworten. Andererseits ermöglicht diese handnahe Erforschung der Objekte, anhand von spezifischen Spuren Aussagen zur Bearbeitung und Verarbeitung der Konstruktionshölzer zu machen. Bisweilen lässt sich sogar der Transport über den Wasserweg (Flössen, Reisten) am verbauten Werkstück nachweisen. Ebenso können am Objekt selber Hinweise zur Vorbereitung der Konstruktion auf dem Zimmerplatz (dem sogenannten Abbinden) und zum Ablauf des eigentlichen Aufrichtens auf dem Bauplatz gefunden werden.
Methodik
Das Forschungsprojekt gliedert sich in Teilprojekte, die nach ihrer Bauaufgabe unterschieden werden in die Dachwerksuntersuchung des traditionellen Barocks, der einschiffigen katholischen Kirchen zwischen Barock und Klassizismus, der weitgespannten reformierten Kirchen sowie der historistischen Kirchen. Die 121 im Antrag aufgeführten Objekte werden alle mindestens einmal besichtigt, um sich einen Eindruck über deren Erhaltungszustand und Konstruktionsprinzip zu verschaffen. Für die weiteren Analysen werden die interessantesten Dachwerke ausgewählt und mit den Methoden der historischen Bauforschung untersucht, mit dem Ziel verformungsgetreue Bauaufnahmen mit allen Verbindungsdetails zu erstellen. Die vor Ort gewonnenen Erkenntnisse können durch die Auswertung des vorhandenen Archivmaterials ergänzt und belegt werden. Eine zeitliche Einordnung des vorgefundenen Systems ermöglicht die Anwendung der Dendrochronologie.
Förderung
Das Projekt "Evolution of the wide-span timber roof in northern and central Switzerland 1600-1850" wird gefördert durch den externe Seite Schweizer Nationalfonds
Projektbearbeitung
Forschungsobjekte
Kontakt
Stellvertretender Leiter Inst. Denkmalpflege u. hist. Bauforsch.
Bauforschung u.Konstruktionsgesch.
Wolfgang-Pauli-Str. 27
8093
Zürich
Schweiz